Blind Klettern: Der Weg zum Vorstiegskurs

Nachdem wir unseren Kurs erfolgreich abgeschlossen hatten gingen wir jetzt mindestens einmal die Woche im Toprope klettern. Gerade in den ersten 2 Monaten war die Verbesserung von Koordination und Kraft von Mal zu Mal spürbar, was nochmal zusätzlich motivierte.

In diesem Zeitraum investierten wir nach und nach auch in erstes eigenes Equipment, zuerst Schuhe, dann Sicherer (Smart) und schließlich ein Seil (50 m) mit Seilsack.

Da in und um München in den Kletterhallen nur wenig Toprope Seile eingehängt sind, brauchten wir um unsere ausgewählte Route zu klettern, immer jemanden der im Vorstieg zu den Umlenkern kletterte und uns das Seil einhängte. Zum Glück ist die Klettergemeinde sehr hilfsbereit und wir hatten nie Probleme (bis auf einmal) jemanden zu finden der uns die Route einhängt. Natürlich mussten wir, wenn die Halle sehr voll war auch mal etwas warten bis unsere „Opfer“ Zeit hatten um uns zu helfen. Nach ein paar Wochen kannten wir aber im High East schon eine Hand voll Leute die so gut wie immer in der Halle waren und uns bereits auf der Treppe mit den Worten begrüßten „Hallo! Sollen wir Euch ein Seil einhängen?“

Trotzdem wollten wir nach ein paar Monaten, auch angespornt von verschiedenen Seileinhängern die uns mit Sätzen wie „Wann macht ihr denn endlich einen Vorstiegskurs?“ oder „übrigens: der nächste Kurs ist diesen Donnerstag“ ermutigten, selbst einen Vorstiegskurs machen.

Selber das Seil einhängen zu können, macht natürlich auch nochmal unabhängiger, was allein schon sehr verlockend war. Zusätzlich könnte dann jeder von uns individuell die Route einhängen die ihm gerade am besten passt und man hätte auch kein störendes Toprope Seil vor der Nase oder am Rücken hängen.

Deswegen bin ich dann  an einem Donnerstagabend nachdem wir klettern waren, an der Theke stehen geblieben und habe frech nach einem privaten Vorstiegskurs gefragt. Dabei hatte ich sehr wohl noch die warnenden Worte vor unserem Toprope Kurs im Kopf, das Vorstieg mit einem blinden Sichernden schwierig, gefährlich bzw. nicht möglich ist, aber wer nicht wagt der nicht gewinnt und Fragen kostet ja auch nichts.

Ich hatte nicht mit einer schnellen Antwort gerechnet und mich vorsichtshalber schon mal auf Diskussionen eingestellt. Aber das einzige was nach zwei Tagen kam war ein Terminvorschlag für unseren Vorstiegskurs.

Blind Klettern: Toprope

Im Winter 2016 hatten Chris und ich uns eher zufällig und wenig zielgerichtet über Sportarten unterhalten, die wir gemeinsam durchführen könnten und da wir beide gern in den Bergen unterwegs sind, kamen wir relativ schnell auf die Idee doch einmal Klettern auszuprobieren. Doch zuerst holte uns der Alltag ein und das Thema verschwand wieder in einer Schublade. Es dauerte bis Februar 2017, bis ich die erste Email an das High East in Heimstätten schrieb, um nach Kletterkursen zu fragen, an denen auch blinde Menschen teilnehmen können.

Die Kontaktaufnahme verlief problemlos, ich wurde aber um ein persönliches Telefonat gebeten, um die Eckdaten zu klären. Nachdem ich dabei wohl glaubhaft versichern konnte, dass wenigstens einer von uns „normal“ sieht und wir auch sonst viel in den Bergen wandern, wurde uns ein privater Toprope Kurs von 2 x 3,5 Stunden vorgeschlagen. Beim Vorstiegskurs gab es derzeit Sicherheitsbedenken, da z.B. falsch eingehängte Exen nicht von unten gesehen, oder ein Sturz erst sehr spät erkannt werden können. Da wir aber beide keine nennenswerte Klettererfahrung hatten, waren wir, vorerst, mit dem Toprope Kurs völlig zufrieden.

Ein Trainer, der den Kurs mit uns abhalten würde, war schnell gefunden und so standen wir Anfang März tatsächlich das erste mal in der Kletterhalle.

Los ging es mit etwas Materialkunde, gefolgt von unseren ersten doppelten Achterknoten. Während ich von meinem in meiner Jugend gesammelten Halbwissen und natürlich auch vom einfachen visuellen Nachmachen profitierte, hatte Chris am Anfang mehr Schwierigkeiten mit dem zu kurzen/zu langem/zu losen/ etc. Knoten. Unser Trainer hatte aber auch für Ihn ein paar gute Tipps auf Lager, z.B. dem Seil nach der ersten 8 einfach immer folgen, um zu einer doppelten 8 zu kommen.

Danach ging es gleich das erste mal an die Toprope Wand mit ca. 6m Höhe. Wir testeten nacheinander verschiedene Sicherungsgeräte und wechselten uns beim Sichern und Klettern ab. Nach ca. zwei einhalb Stunden hatten wir soweit alle Basics verstanden, schon eine Präferenz für den Sicherer (Mammut Smart) gefunden und waren körperlich gut fertig, da wir ja wie oben erwähnt nur zu zweit im Kurs waren und deshalb keine Pausen gemacht haben. Unser Trainer war am ersten Tag gnädig mit uns, und so übten wir die verbleibende halbe Stunde noch ein paar 8er Knoten und machten noch etwas Theorie.

Direkt am nächsten Abend ging es weiter. Nach einer kurzen Wiederholung der Inhalte des Vortages im Kursbereich, standen wir das erste mal unten vor der 18m hohen wand. Bevor ich mich versah war ich auch schon ganz oben am Umlenker angekommen, Chris sicherte. Danach wurden die Rollen getauscht, und auch wenn es länger dauerte, weil Chris sich ja erst die passenden Griffe suchen muss, stand auch er bald ganz oben. Als nächstes waren Sturzübungen angesagt, die für mich als Fallende eher unspektakulär abliefen. Anders sah die Sache beim Sichern aus. Als ich das erste mal vom Seil Richtung Wand gezogen wurde, hatte ich nichts besseres zu tun, als die Hand vom Sicherer zu nehmen und mich damit an der Wand abzustützen. Nach 3 bis 4 Wiederholungen hatte ich mich aber an das Gefühl des hochgerissen werdens gewöhnt und Chris durfte, wahrscheinlich auch zu seiner Erleichterung, wieder runter. Danach wechselten wir noch einmal die Route und kletterten selbständig, aber unter Aufsicht unseres Trainers, drauf los. Es gab hier und da für uns noch ein paar Hinweise zum schnelleren Einziehen des Seiles, zur Seilführung und für mich noch den Hinweis, das dass seil nicht verdreht bzw. über kreuz zum Umlenker laufen sollte. Da wir auch heute wieder gut geschafft waren, entließ uns unser Trainer mit dem Hinweis, das man Klettern und Sichern nur durch mehr Klettern und Sichern erlernt. Frei nach dem Motto viel hilft viel.

An der Theke bekamen wir noch zwei Teilnahmebestätigungen und machten uns mit anständigen Muskelkater und auch ein bisschen Stolz und Vorfreude auf die ersten eigenen Klettererfahrungen ohne Trainer, auf den Heimweg.

Chris beim sichern
Chris beim sichern im  Toprope

Links zu zwei Umfragen bzgl. Screenreader- und Touch-Screen-Nutzung

In diesem Beitrag möchte ich zwei Links zu Umfragen verbreiten, die jeweils auf eine Umfrage verweisen. Vielleicht möchtet ihr ja an diesen Umfragen teilnehmen.

In der ersten Umfrage geht es darum, welche Bildschirmleseprogramme ihr wie nutzt. Die Umfrage ist auf Englisch. Hier der Link:

https://webaim.org/projects/screenreadersurvey7/

In der zweiten Umfrage geht es um die Nutzung von Touch-Screens. Hier mehr Details:

„Ein Kooperationspartner der Hochschule München Herr Dr. Walter Wittich von der Universität in Montreal beschäftigt sich mit Sehbehinderung. Er führt derzeit eine international angelegte Umfrage zum Thema „Gebrauch und Barrierefreiheit von Touch-Screen Geräten bei Menschen mit Sehverlust“ durch.“

Der Link zur Umfrage lautet:

http://touchscreen.hostedincanadasurveys.ca/index.php/436191?lang=de&encode

Nächster Münchner Technik-Treff am 16. Oktober 2017

am 16. Oktober 2017 findet ein weiterer Technik-Treff in den Räumen des BBSB in München statt. Los geht es um 18:30 Uhr.

Als Themenschwerpunkt werden uns zwei Mitarbeiter der Stadtwerke München ein Projekt vorstellen, das die Navigation in U-Bahnstationen erleichtern soll. Mittels iBeacons und einer zugehörigen App werden sog. POI, also Points of interest, in den Stationen gekennzeichnet und geben darüber Auskunft, in welche Richtung ein Ausgang liegt, auf welchen Bahnsteig welche Bahn fährt, usw. Durch die iBeacons und weiterer Informationen ist es möglich, eine Karte der Haltestelle zu erstellen, die das Navigieren innerhalb der Station ermöglicht. Während des Technik-Treffs soll die zum Projekt gehörende App vorgestellt und ausprobiert werden, weiterhin können Fragen und Verbesserungsvorschläge an die Projektverantwortlichen gerichtet werden.

Eine Anmeldung für die Teilnahme am Technik-Treff, der in den Räumen des BBSB in München, Arnulfstraße 22, stattfindet, ist nicht nötig.