Vorbemerkung
Beschäftigt man sich mit dem Lesen und Verwalten von eBooks, so stößt man unweigerlich früher oder später auf die Open Source Software Calibre. Die Einsatzmöglichkeiten von Calibre sind sehr vielfältig und beschränken sich längst nicht nur auf das Lesen oder Verwalten von elektronischen Büchern, auf der Calibre-Homepage im Bereich der Features der Software werden die vielfältigen Möglichkeiten des Programms aufgeführt.
So vielfältig Calibre auch ist, so unzugänglich ist die Software leider auch für blinde Menschen, die für ihre Arbeit am Computer auf die Verwendung eines Bildschirmleseprogramm, also einen sog. Screen Reader, angewiesen sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob der blinde Nutzer unter Windows oder Mac OS arbeitet. Lediglich unter Linux ist, wenn Orca als Screen Reader für die grafische Oberfläche Gnome verwendet wird, wohl eine einigermaßen sinnvolle Nutzung möglich, allerdings nutzen die wenigsten blinden oder sehbehinderten Menschen das Betriebssystem Linux, also bringt die Zugänglichkeit der Software in dieser Umgebung nicht wirklich jemanden etwas.
Diese Unzugänglichkeit von Calibre für blinde Menschen ist sehr unschön, denn wirklich alternative Software mit einem vergleichbaren Funktionsumfang gibt es leider nicht. Unglücklicherweise sind bis jetzt auch alle Bemühungen die Entwickler davon zu überzeugen, eine bessere Zugänglichkeit zu implementieren, gescheitert und regelrecht abgeschmettert oder totgeschwiegen worden.
Doch ganz nutzlos und unbrauchbar ist Calibre für blinde Menschen trotzdem nicht. Es wird für die Bedienung zwar auf eine grafische Oberfläche gesetzt, jedoch können viele Dinge auch mit Hilfe von Kommandozeilentools erledigt werden. Diese Tools werden, auch wenn die grafische Oberfläche genutzt wird, sowieso auch von Calibre im Hintergrund aufgerufen, es spricht also nichts dagegen diese auch direkt einzusetzen, außer vielleicht der Umstand, das ein solches Vorgehen unnötig kompliziert und aufwändig ist.
Ein wichtiger Punkt ist z.B. das Umwandeln von eBooks in ein anderes Format, damit das Buch anschließend komfortabler gelesen werden kann. Die folgende Anleitung beschreibt, wie unter Mac OS mit Hilfe der Kommandozeilentools von Calibre Bücher umgewandelt werden können, bei entsprechender Anpassung der Kommandos und der Pfade ist dieses Vorgehen so aber auch unter Windows oder Linux möglich.
So funktioniert die Umwandlung von Büchern mit
Hilfe von Calibre unter Mac OS
Um z.B. ein PDF in das ePub-Format umzuwandeln, kann unter Mac OS, vorausgesetzt Calibre ist installiert, folgendermaßen vorgegangen werden:
- Die umzuwandelnde PDF-Datei wird, z.B. mit Hilfe des Finders, in das Dokumenten-Verzeichnis innerhalb des Home-Ordners kopiert. Die Datei wird hier beispielhaft buch.pdf genannt.
- Über den Finder wird nun mit Cmd + Shift + a der Programme-Ordner geöffnet. Anschließend muss in den Ordner für die Dienstprogramme navigiert und dort ein Terminal geöffnet werden. Das Terminal ist vergleichbar mit einem Dos-Fenster unter Windows, in einem Terminal lassen sich über Kommandozeilenbefehle oft viele nützliche Dinge erledigen, die über die grafische Oberfläche der Systeme, egal ob Windows, Linux oder Mac OS, so nicht durchführbar sind.
- Im geöffneten Terminal wird nun mit Hilfe der beiden folgenden Befehle in das Dokumenten-Verzeichnis gewechselt, in das zuvor die Datei buch.pdf kopiert wurde:
cd
cd Documents
- Um nun die Umwandlung der PDF-Datei in ein eBook im ePub-Format durchzuführen, wird folgendes Kommando eingegeben, wobei unbedingt die Groß- und Kleinschreibung beachtet werden und das Kommando in einer Zeile stehen muss:
/Applications/calibre.app/Contents/console.app/Contents/MacOS/ebook-convert buch.pdf buch.epub
Nun sollte das PDF in ein epub umgewandelt worden sein, die neue Datei buch.epub ist dann ebenfalls im Dokumenten-Verzeichnis zu finden.
Das Konvertierungstool von Calibre erkennt anhand der Dateiendungen, die beim Aufruf mit übergeben werden, welches Quell- in welches Zielformat umgewandelt werden soll. Es werden sehr viele Formate unterstützt. Die vielen Parameter, die beim Aufruf des Tools mit angegeben werden können, werden mittels des folgenden Befehls angezeigt:
/Applications/calibre.app/Contents/console.app/Contents/MacOS/ebook-convert --help
Soll eine Datei z.B. von PDF in reinen Text umgewandelt werden, so kann, analog zum Beispiel oben, folgender Aufruf verwendet werden:
/Applications/calibre.app/Contents/console.app/Contents/MacOS/ebook-convert buch.pdf buch.epub
Die komplette Dokumentation zum Umwandlungstool von Calibre ist über den folgenden Link erreichbar:
http://manual.calibre-ebook.com/de/conversion.html
Fazit: Brauchbar, aber unnötig umständlich…
Wie oben beschrieben, kann Calibre, obwohl die grafische Oberfläche völlig unbrauchbar für blinde Benutzer ist, über die kommandozeilentools doch ein Stück weit für die eine oder andere Aufgabe verwendet werden. Die Umwandlung von Dokumenten von einem Format in ein anderes, ist nur eine der vielen Möglichkeiten, die die Tools von Calibre bieten.
Trotzdem wäre es sehr wünschenswert, wenn Calibre endlich auch für blinde Nutzer zugänglich und die grafische Benutzeroberfläche auch für diesen Personenkreis verwendbar werden würde. Das Ausführen von Kommandozeilenbefehlen mit mehr oder weniger komplizierten Parameterangaben beim Aufruf mag effizient sein, wenn man das Arbeiten in einer textbasierten Umgebung gewöhnt und mit den Tools vertraut ist, für den Otto-Normal-Anwender, egal ob blind oder nicht, ist ein solches Vorgehen aber eher umkomfortabel, fehleranfällig und unnötig kompliziert. Und viele Möglichkeiten von Calibre, die zwar durch Kommandozeilentools im Hintergrund durchgeführt werden, machen nur mit einer brauchbaren grafischen Oberfläche Sinn…
Ob die grafische Oberfläche von Calibre wirklich irgendwann einmal für blinde Menschen nutzbar sein wird, wird die Zukunft zeigen, bis dahin versuche ich nach und nach nützliche Kommandozeilentools von Calibre und ihre Verwendung hier im Blog vorzustellen.